Selbstregulation –
Sich selbst halten können in schwierigen Lebenssituationen
Selbstregulation ist ein häufig gebrauchter Begriff in der Traumatherapie und ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung in Freier Trauma-, Innerer-Kind- und Körperarbeit. Es ist die Fähigkeit, sich selbst, die eigenen Gefühle, Gedanken, Traumata und Abwehrreaktionen halten zu können – gerade wenn es rund geht.
Das ist allerdings nicht ohne.
Warum?
Die meisten Menschen wurden traumatisiert mittels schockartiger Erfahrungen wie einem Unfall, einem Krankenhausaufenthalt, einer plötzlichen Trennung von einem geliebten Wesen oder durch eine Gewalterfahrung etc. (Schocktraumata).
Wesentlich für unsere Fähigkeit, uns selbst zu regulieren, sind aber auch und vor allem unsere frühesten, wiederholten Erfahrungen mit engen Bezugspersonen (Entwicklungstraumata). Denn die Fähigkeit zur Selbstregulation entsteht gewöhnlich in den ersten drei Lebensjahren, in denen unser Nervensystem noch nicht voll entwickelt ist und wir das Nervensystem eines oder mehrerer Erwachsener brauchen, um uns wieder zu beruhigen und uns mit uns und anderen wohlzufühlen.
Wir brauchen also erwachsene Menschen, die uns liebevoll beruhigen, halten, wahrnehmen, spüren, hören, sehen, verstehen und – nicht zuletzt – spiegeln, wer oder was wir wirklich sind.
In anderen Worten: Die Art, wie die Erwachsenen in unserem Leben mit uns in den ersten drei Lebensjahren umgehen, ist elementar für unsere Fähigkeit, unser Nervensystem zu regulieren. Aber wozu ist das wichtig?
Nun, unsere Fähigkeit zur Selbstregulation bestimmt, wie glücklich und zufrieden wir sind, wie wir mit uns um- und auf unsere Bedürfnisse eingehen, auf Anforderungen von Außen, Stress, Veränderungen, Stillstand oder Frustration reagieren, wie gut wir mit uns alleine sein bzw. mit anderen interagieren und für uns einstehen können. In anderen Worten: Wie viel Halt, Frieden und Stille du in dir findest.
Ein Mensch, der nicht gelernt hat, sich immer wieder neu auf sich selbst, den Moment, eine neue Situation oder Anforderung oder auf die Menschen in seinem Leben einzustimmen, ist schnell über- oder unterfordert. Er tendiert mehr dazu zu reagieren als zu agieren bzw. fühlt sich schnell als Opfer oder wird zum Täter, anstatt sich selbst und seine Bedürfnisse wahr- und für voll zu nehmen und konstruktiv Verantwortung für sie, seine Entscheidungen und deren Folgen zu übernehmen.
Über eine gute Selbstregulation zu verfügen heißt also in Resonanz zu sein mit dir selbst, deinen Gefühlen, Wünschen und Bedürfnissen, aber vor allem Dem, was du wirklich bist – Stille, bedingungslose Liebe, unendlich weiter Raum, Nichts und Alles zugleich. Und damit natürlich auch mit deiner Umwelt bzw. den Menschen in deinem Leben.
Wenn du diese Fähigkeit nur teilweise erlernt oder wenig entwickelt hast, leben mehr oder weniger Teile in dir – bewusst oder unbewusst – in einer Art kontinuierlicher Anspannung, Hunger und Abhängigkeit. Du tendierst also zu inneren wie äußeren Konflikten, Übergriffen und Missbrauch. Das hat etwas damit zu tun, dass du nicht in Verbindung mit dir selbst, deinen Gefühlen, dem Körper und vor allem mit Dem bist, was du wirklich bist. Du hast dich von dir selbst abgetrennt, um zu überleben. Anders ausgedrückt: Du funktionierst mehr als dass du lebst. Tut dies ein Mensch, fühlt er sich häufig erschöpft, angespannt, unter Druck, unzufrieden und freudlos und sehnt sich – ganz natürlich – danach, authentisch, lebendig, voller Lebensfreude, geborgen, frei, in Frieden mit sich selbst und seiner Umwelt zu sein.
Meiner Beobachtung gemäß tun dies die meisten Menschen – mehr oder weniger - da die wenigsten sich ihrer selbst wirklich bewusst sind. Sie leben vorwiegend im Funktionsmodus, kommen den von ihnen erwarteten Anforderungen nach, regulieren sich nur so weit, dass sie überleben und nicht auffallen, um nicht verlassen, gemieden oder ausgeschlossen zu werden. Und sind sie dazu nicht mehr alleine in der Lage suchen sie sich Regulatoren im Außen: Menschen, die ihnen helfen, sich wieder wohlzufühlen. Sie suchen das Gespräch oder Körperkontakt. Es ist eine sehr natürliche, menschliche Art, sich zu regulieren, indem man sich Hilfe holt.
Allerdings gibt es auch Menschen, die auch das verlernt haben, da sie zwischenmenschlichen Kontakt als bedrohlich, unsicher oder überwältigend erfahren haben. Hier braucht es viel Geduld, Liebe und Behutsamkeit, um sich anderen wieder anzunähern, neue Erfahrungen zu machen und nicht gleich wieder aufzugeben, wenn man nicht sofort alles bekommt, was man möchte.
Manche haben auch irgendwann beschlossen, dass sie nie wieder jemanden brauchen wollen, um nicht wieder gedemütigt, überwältigt, zurückgewiesen oder entmündigt zu werden. Sie fürchten sich davor, sich zart, hilflos, bedürftig oder stark und selbstbewusst zu zeigen, da sie damit keine guten Erfahrungen gemacht haben. Emotionale oder körperliche Nähe ebenso wie Wünsche dieser Art an sie lösen in ihnen große Ängste, Scham oder Schuldgefühle aus.
Viele glauben auch, dass sie sich zwischen ihrem Bedürfnis nach Autonomie und Nähe zu einem Menschen entscheiden müssen. So entscheiden sie sich für Autonomie – auf Kosten der Beziehung – oder für Nähe, auf Kosten der Autonomie.
Menschen, denen ihre Autonomie und Würde wertvoller ist, schneiden sich häufig von Beziehungen ab, leugnen dabei aber ihr tiefes Bedürfnis nach Nähe und Intimität, um sich auf keinen Fall wieder abhängig, bedürftig oder hilflos zu fühlen oder jemanden zu brauchen. Menschen hingegen, die sich fast immer für die Beziehung entscheiden, geben ihr Bedürfnis nach Autonomie und Würde auf, versuchen oft jahrelang einseitig, Beziehungen zu reparieren, obwohl das Gegenüber kaum noch etwas dafür tut – häufig aus der Angst davor, mit sich alleine zu sein oder verlassen zu werden. Das kann bis zu vollständiger Selbstaufgabe führen, wenn nicht die Bereitschaft entsteht, sich dieser Angst zu stellen.
All das macht deutlich, wie viel der Kontakt zu anderen Menschen mit der Liebe zu dir selbst zu tun hat. Wer sich nicht selbst liebt, d.h. nicht auch gut mit sich alleine sein kann, ist nicht wirklich in der Lage, sich auf eine gesunde Art auf ein Gegenüber zu beziehen. Und wer es nicht wagt, sich in einer Beziehung mit allem zu zeigen, sich Hilfe zu holen, anzulehnen etc. wird auch unbefriedigt bleiben, sich weiterhin einsam und isoliert fühlen.
Ideal finde ich es, wenn man beides kann: sich alleine auf sich selbst einstimmen, still sein und das innere Chaos halten - aus der Stille - ebenso wie sich über andere regulieren, den Kontakt, die Vielfalt echter Begegnung und Intimität genießen, ohne sich darin zu verlieren. Es gibt aber auch noch eine andere Art, sich im Außen zu regulieren, z. B. über (Nikotin-, Beschäftigungs-, Beziehungs-, Liebes-, Sex-, Alkohol-, Ess-, Genuss-, Konsum-, Streit- oder Kontroll-) Sucht. Diese Art der Fremdregulation ist gewöhnlich sehr destruktiv - für alle Betroffenen. Es ist also, wenn du dich noch nicht so gut selbst regulieren kannst, besser, dies eine Zeitlang über andere, dir freundlich gesinnte Menschen, Freunde, einen Partner oder – auf Dauer – in einer wohltuenden, dich fordernden Therapie, Selbsterfahrungsgruppe oder Satsang zu tun und zu lernen. Idealerweise mit einem Menschen, der das auch schon sehr gut mit sich selbst kann und tut.
Wusstest du, wie unglaublich heilsam und nährend es ist, sich verstanden, gehört, gesehen, gefühlt und gespiegelt zu fühlen? Wenn dies bewusst und mit deinem Einverständnis geschieht, schmelzen dabei Traumata und die damit eng verbundenen falschen Identitäten wie Eis in der Sonne. Zudem lernen wir dadurch, was wir in der Kindheit verpasst haben: Uns auf eine gesunde und liebevolle Weise auf uns selbst und andere zu beziehen anstatt uns – wie früher unsere Bezugspersonen – immer wieder zu verlassen.
Und als Heilpraktikerin in Psychotherapie liegt mir natürlich sehr daran, meine Klienten im Rahmen der Einzelgespräche und Seminare liebevoll darin anzuleiten, wie sie sich auf sich selbst, Das, was sie wirklich sind, beziehen, und damit sich selbst liebevoll halten und regulieren können. Dann brauchst du niemanden mehr dafür bzw. wenn doch, bist du in der Lage, dir dabei liebevolle und kompetente Hilfe zu holen. Und verspürst dabei vielleicht auch irgendwann das Bedürfnis, andere darin zu begleiten. Ich selbst empfinde das als sehr befriedigend.Und umso mehr Menschen in der Lage sind, sich selbst zu lieben und zu halten, umso freundlicher wird auch ihr Umgang mit sich und ihrer Umwelt sein. Das reduziert die Neigung zu Sucht, Missbrauch, inneren wie äußeren Konflikten, Gewalt, Umweltproblemen etc. Die Freie Traumaarbeit ist also auch und vor allem Friedensarbeit. Genial, oder?
Und zugleich: Der Frieden, den du suchst, ist bereits, jetzt gerade, während du diese Zeilen liest. Er ist es, der liest. Das, was du bist, versucht gerade diese Zeilen zu verstehen. Es gibt also nichts zu tun. Das ist das Paradoxon des Lebens, denn Es tut, nicht du - nicht ich. All das zu sehen, sich Dem zu überlassen und dennoch zu tun, was zu tun ist - aus der Stille - ist der tiefste Halt.
Und wie geht das nun? Mehr dazu im E-Book: "Endlich frei" - Traumata als Tor zur Freiheit" von Gabriele Rudolph.☸ڿڰۣ—☸ڿڰۣ ☸ڿڰۣ—☸—☸ڿڰۣ ☸ڿڰۣ—☸ڿ ☸ڿڰۣ—☸
Seminare zum Thema Selbstregulation und Trauma findest du hier.
Mehr zum Thema Bindungs-, Schock- und Entwicklungstrauma hier.
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